Dienstag, 17. November 2009

Dernbacher Schwestern

17. November 2009
In der "Welt": Heimkind erzählt Leidensgeschichte

In Deutschland, Großbritannien, in den Niederlanden, in den USA und in Indien machen sie soziale Arbeit: Knapp 1000 katholische Dernbacher Schwestern. Einige von ihnen haben heute vielleicht die „Welt“ gelesen, Seite 3, Überschrift: „Gewalt als System“. Erzählt wird auch die Geschichte von Gudrun Ickenroth: „Ich habe es gekriegt im Namen von Gottvater, Sohn und Heiligem Geist.“ Zwei Jahre alt sei sie gewesen, als sie in „ein Heim der Ordensgemeinschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi im hessischen Dernbach“ gekommen ist. Dort habe sie Entsetzliches erlebt.

Solche Vorwürfe sind nicht neu. Erhoben werden sie seit langer Zeit. Ehemalige Heimkinder demonstrieren in Dernbach, während sich Ordensschwestern verschanzen, Gespräche ablehnen. Einige dieser Demonstranten wären beinahe sogar in Aachen vor Gericht gezerrt worden.

Da die Richter mit großem öffentlichem Interesse rechneten, wurde die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 30. November 2006 auf schriftlichem Wege erledigt. Der Vorwurf lautete: „Tatsächlich wussten die Angeschuldigten…,dass es im Kinderheim St. Josef in den Jahren 1956 bis 1971 nicht zu schweren oder systematischen Misshandlungen zu ihrem Nachteil gekommen war.“ Dabei ging es um ein Kinderheim in Eschweiler. Die Dernbacher Schwestern wiesen jeden Vorwurf weit von sich, der Staatsanwalt scheiterte trotzdem mit seiner Anklage.

Eigenes Grab geschaufelt

“Die meisten Kinder im katholischen Heim St. Josef im rheinischen Eschweiler schlafen schon, als die neunjährige Carola von Schwester Theofriedis aus dem Bett geholt und in den Garten geführt wird. Dort bekommt das vor Angst und Kälte zitternde Mädchen eine Schaufel in die Hand gedrückt. ´Du gräbst jetzt dein Grab´, befiehlt ihr die Schwester. Carola schluchzt, bettelt, will zurück ins Haus. Doch alles Flehen ist vergebens, die Neunjährige muss weiter graben. Solange bis die Schwester glaubt, die Erziehungsmaßnahme reiche nun aus.”

Mit dieser gespenstischen Szene hat auf den Internet-Seiten des ZDF die Ankündigung einer Dokumentation begonnen, die am 4. Juni 2008 ab 0.30 Uhr ausgestrahlt wurde. Gleichwohl ist bei Wikipedia immer noch nachzulesen, dass dieser katholische Orden so was nicht wahr haben will, ehemalige Heimkinder werden erfolglos verklagt.

Selten Negatives

Stöbert man auf den Internet-Seiten der Dernbacher Schwestern, findet man unter den Einrichtungen auch das Schloss Dilborn bei Brüggen. Das habe ein neues Konzept. Und merkwürdigerweise nur selten negative Schlagzeilen, obwohl in jüngerer Zeit ein Heimkind als nächtlicher Ausreißer den Explosionstod gestorben ist, eine inzwischen Zwölfjährige gegen jede medizinische Vernunft Risperdal bekommt, ein Privatsender über die Flucht eines Jungen berichtet hat und ein junges Mädchen sagt: „Das Heim muss geschlossen werden.“

So was regelt im Zweifelsfalle ein Anwalt. Mit dem wird gelegentlich sogar gedroht, bevor ein Artikel in der Zeitung steht, während kritische Fragen gar nicht erst beantwortet werden. Da landet ein Redakteur schnell erst bei Pontius, dann bei Pilatus. Der Geschäftsführer versteckt sich hinter der Heimleitung, die Heimleitung hinter der Geschäftsführung.

Nun also die „Welt“. Gisela Kirschstein und Miriam Hollstein als Autorinnen dürfen nun gespannt sein: Meldet sich auch dieses Mal der Anwalt der Dernbacher Schwestern?

Veröffentlicht wird in der heutigen Ausgabe auch ein Interview mit Antje Vollmer als Präsidentin des vom Deutschen Bundestag eingerichteten „Runden Tisches“, an dem ehemalige Heimkinder, Kirchenvertreter, Wissenschaftler, Vertreter von Bund, Ländern und der Jugendhilfe sitzen. Sie sagt: „Am meisten hat mich die Intensität des Horrors überrascht. Es war so ausweglos für die Kinder…“

Einige Dernbacher Schwestern werden auch das an diesem Dienstag möglicherweise gelesen haben - und im Chor sagen: „Bei uns aber nicht“?

Weitere "Welt"-Artikel

Samstag, 7. März 2009

Generation Benedikt

7. März 2009
Drei Fragen an die Generation Benedikt

Nathanael Liminski gehört zur „Generation Benedikt“. Dieses Netzwerk junger Leute ist 2005 beim Weltjugendtag der katholischen Kirche in Köln entstanden. Heinz-Peter Tjaden stellte einem Netzwerkmitglied drei Fragen zu aktuellen Themen, die auch in der katholischen Kirche für Zündstoff sorgen.

Halten auch Sie Harry Potter für Satanismus?
Nathanael Liminski: Ich halte Harry Potter nicht für Satanismus. Meine kleinen Geschwister und mein Schwager haben es im Gegenteil mit Gewinn gelesen.

Ich bin kein ehemaliges Heimkind, beschäftige mich nur als Redakteur damit: Warum eiert die Caritas bei der Entschädigungsfrage immer noch so herum?
Nathanael Liminski: Ich weiß nicht, weshalb die Caritas sich bei der Entschädigungsfrage so zurückhaltend verhält.

Entschuldigt sich Ihre Kirche immer erst, wenn die meisten schon tot sind, ergo: Wie erklären Sie sich das weitgehende Versagen Ihrer Kirche, wenn es wirklich brennt und es nicht nur darum geht, dass der Papst einen diplomatischen Fehler gemacht hat?
Nathanael Liminski: Die Kirche hat vieles dafür getan, dass unsere heutige Gesellschaft so zivilisiert und menschlich ist, wie viele Humanisten immer wieder betonen. Für die Fehler, die in einer menschlichen Organisation unumgänglich sind, hat sich Papst Johannes Paul II. 2000 in Jerusalem entschuldigt. Ich kenne keine andere Weltreligion, die das getan hat. Vielleicht schreiben Sie deren Vertreter auch eine Mail.

Mittwoch, 4. März 2009

Spätere Opfer

Wann werden sie Thema?

Der Runde Tisch beschäftigt sich mit dem Schicksal von Heimkindern in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren. Doch auch später hat es Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch gegeben.

Erstes Beispiel:

Auch ich wurde im Kinderheim körperlich misshandelt und im Internat sexuell misshandelt. Auch ich bin ein Opfer, das immer noch damit zu kämpfen hat, was ihm angetan wurde.

Mehr hier

Die Geschichte von Schloss und Internat

Sonntag, 1. Februar 2009

Presseerklärung

9. Januar 2009
Heimkinder-Verband empört über von der Leyen

Mit Befremden und Empörung nimmt der Verein ehemaliger Heimkinder den Versuch der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen zur Kenntnis, die Beschlüsse des Bundestags-Petitionsausschusses (vom 26. November 2008) und des Bundestages (vom 4. Dezember 2008) in unangemessener Weise zu beschneiden.

Anstelle einer umfassenden Aufarbeitung und Wiedergutmachung des auch vom Bundestag anerkannten Unrechts an Heimkindern will Ministerin von der Leyen dem bisher geplanten nationalen "Runden Tisch" lediglich eine „Erörterungs- und Abklärungsfunktion“ zukommen lassen.

Über die Einrichtung eines Entschädigungsfonds soll dabei nicht einmal mehr diskutiert werden, das Ministerium will dies von vorneherein kategorisch ausschließen.

In dem von Frau von der Leyen vorgelegten Konzept ist auch die wichtige Anlauf-und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder nicht mehr vorgesehen.

Erhebliche Abweichungen gegenüber den Beschlüssen des Bundestages gibt es ferner bei der Zusammensetzung des "Runden Tisches". Das Ministerium will die Mitglieder des "Runden Tisches" eigenmächtig berufen. Dem Vernehmen nach sollen ehemalige Heimkinder am "Runden Tisch" nur durch zwei Vertreter repräsentiert werden. Damit würden wir erneut nicht ernst genommen, sondern an den Rand gedrängt.

Besonders unverständlich ist uns, dass mit der Geschäftsführung des "Runden Tisches" der "Verein für öffentliche und private Fürsorge" beauftragt werden soll, und zwar anstelle der vom Bundestag empfohlenen Kinder- und Jugendhilfe-Dachorganisation AFET und des Deutschen Instituts für Jugend- und Familienrecht DIJUV. Diese beiden Organisationen haben ein seit langem bekanntes und akzeptiertes Konzept für die Arbeit des "Runden Tisches" vorgelegt.

In einem Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs im
Familienministerium, Hermann Kues, an den Petitionsausschuss heißt es, der "Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge" sei besonders geeignet „die bevorstehenden Aufgaben zu übernehmen“, denn er sei „wie kaum ein anderer Verein untrennbar verwoben mit der Geschichte der sozialen Arbeit in Deutschland“. Letzteres ist zwar der Fall, aber u.a. auch auf eine höchst unrühmliche Art: Der
deutsche Verein war in besonderer Weise verstrickt in die pädagogische Theorie und Praxis der Heimerziehung des Nationalsozialismus sowie der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik Deutschland. Erst in den 90er Jahren wurde bekannt, dass sein jahrzehntelang hoch in Ehren gehaltener ehemaliger
Vorsitzender, Herr Muthesius, im Dritten Reich als Referent für die zentrale Verwaltung der Jugendkonzentrationslager in Moringen, der Uckermark sowie in Litzmannstadt zuständig war.

Ausgerechnet dieser Verein soll also die Nachkriegsgeschichte der
Heimerziehung, die noch von der Nazizeit geprägt und gefärbt war, für die Betroffenen aufarbeiten! Das ist für uns ein Hohn!

Dem Verein ehemaliger Heimkinder fehlt für dieses Vorhaben der
Bundesregierung jegliches Verständnis. Und ebenso fehlt uns das Vertrauen, dass der deutsche Verein im Sinne der Beschlüsse des Bundestages für uns handeln würde.

Dr. Hans-Siegfried Wiegand
Vorsitzender des VEH e.V.

Dr. Wiefelspütz

21. Dezember 2008

Fragesteller werden abgebügelt

Abgeordnetenwatch ist ein Portal nach dem Motto "Bürger fragen - Politiker antworten". Dr. Dieter Wiefelspütz ist seit 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages. Auch diese Fragen hat der Richter a. D. abgebügelt.

BUNDESTAGSBESCHLUSS »Ehemalige Heimkinder der alten Bundesländer«

Sehr geehrter Herr Wiefelspütz.

Alle diese meine Fragen beziehen sich nicht auf den "25-köpfigen Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags", sondern auf den "612-köpfigen DEUTSCHEN BUNDESTAG" selbst.

1.) Was genau hat der BUNDESTAG selbst diesbetreffend »beschlossen« ?

2.) Wann wurde dieser »Beschluss« vom BUNDESTAG gefaßt, bzw. bekanntgegeben ? Wurde, z. B., etwas diesbetreffendes am 04.12.2008 offiziell im bundesdeutschen Parlament selbst bekanntgegeben ?

3.) Hat sich der BUNDESTAG selbst offiziell bei »Ehemaligen Heimkindern der alten Bundesländer« »entschuldigt« und »um Verzeihung gebeten«, oder nicht ?

4.) Was ist der genaue und vollständige Wortlaut des »Beschlusses« des BUNDESTAGS selbst ?

5.) Was ist der genaue und vollständige Wortlaut einer etwaigen »Entschuldigung gegenüber Ehemaligen Heimkindern der alten Bundesländer« und der »Bitte um Verzeihung« des BUNDESTAGS selbst ?

6.) Wie viele der derzeitig im Parlament anwesenden Abgeordneten des BUNDESTAGS haben sich an diesem »Beschluss« positiv beteiligt – d.h. ihre "Ja"-Stimme dazu abgegeben ?

7.) Wie viele der derzeitig im Parlament anwesenden Abgeordneten des BUNDESTAGS haben sich an einer etwaigen »Entschuldigung gegenüber Ehemaligen Heimkindern der alten Bundesländer« und an der »Bitte um Verzeihung« positiv beteiligt – d.h. ihre "Ja"-Stimme dazu abgegeben ?

8.) An all welchen Stellen im Internet kann man diesen »Beschluss des BUNDESTAGS« aufrufen und nachlesen ? Direkte Links, bitte, damit man nicht lange danach suchen brauch.

9.) An welchen offiziellen Stellen im Internet kann man solch eine etwaige »Entschuldigung des BUNDESTAGS gegenüber Ehemaligen Heimkindern der alten Bundesländer« und »Bitte um Verzeihung« aufrufen und darüber nachlesen ?

Mit freundlichen Grüßen.

Herrmann Wirts
( 21 Jahre "Ehemaliges Heimkind", vom Säugling bis zur Volljährigkeit; Jahrgang 1944 )


Antwort von
Dr. Dieter Wiefelspütz

Sehr geehrter Herr Wirts,

ich verstehe nicht, was Sie von mir wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dieter Wiefelspütz, MdB